Die Reise nach Afghanistan (Kabul) unter sehr gefährlichen Bedingungen

Besonderer Dank geht an P. Rudolf Dicker von den Don Bosco Salesianen und an Herrn Reinhard Heins von Jugend eine Welt.

Tägliche Taliban Angriffe und Bombenattacken, grassierender Coronavirus (Deltavariante), bewaffnete Banditen, schwarzer Pilz Erkrankung – das sind einige der Bedenken, die einem vor einer Reise nach Afghanistan abschrecken sollten. Wenn es jedoch um die Unterstützung von Armen und Bedürftigen geht, kenne ich keine Gefahr.

Es war der 01.07.2021, genau 17 Tage vor meinem Geburtstag, als ich mir überlegte, trotz aller erwähnten Schwierigkeiten nach Kabul zu fliegen. Ich wollte unbedingt den Menschen vor Ort helfen, aber auch das islamische Opferfest mit armen Familien und Waisenkindern zusammen feiern.

Als meine Verwandten, Freunde und Kollegen davon erfuhren, wollten sie mir diese waghalsige Idee ausreden. Insbesondere wurde argumentiert, dass ich durch meine Aktivitäten, vor allem gegen die Taliban, Auftritte im afghanischen Fernsehen und Engagement in den sozialen Medien große Bekanntheit in Afghanistan erlangt habe und die Taliban es insbesondere auf solche Personen wie mich abgesehen haben. Hinzu kommt es, dass die Sicherheitslage in Afghanistan zusätzlich unter vielen Corona und am schwarzen Pilz Erkrankten, sowie an bewaffneten Banditen, die es auf Touristen aus westlichen Ländern abgesehen haben, besonders leidet. Leider half kein Argument mich umzustimmen.

Da ich die Sicherheitslage ernst nahm, habe ich mein Netzwerk in Kabul eingeschaltet, um einige Vorkehrungen vor meiner Reise zu treffen und vorab einige Sachen zu organisieren:

  • Tischbänke für 120 Schülern
  • Schulsachen, Schuluniforme, Bücher, Schreibmaterial für einige Waisenkinder und Kinder, die unter der Armutsgrenze leben
  • Lebensmittel – 2 Monatsrationen mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln des Landes und mehr für 120 Familien, die gar kein Einkommen haben

Eminente Unterstützung erhielt ich von meinem lieben Freund Reinhard von Jugendwelt und meinem engsten Kollegen Rudolf. Beide unterstützen bedürftige Menschen in Kabul, insbesondere Witwen und Waisenkinder seit Jahren. Auch sie waren nicht begeistert von meiner Idee nach Kabul zu reisen, unterstützten mich jedoch, als sie merkten, dass ich felsenfest entschlossen bin.

Am 11. Juli bin ich in die Türkei zur Hochzeit meiner lieben Kollegin, Frau Doktor Gawhar Musleh geflogen.

Bei dieser Hochzeit habe ich viele Freunden getroffen. Auch sie haben versucht mir die Weiterreise nach Kabul auszureden. Einerseits wegen den Taliban, pakistanischen Spionen und bewaffneten Banditen. Auf der anderen Seite wegen den grassierenden Krankheiten in Afghanistan, insbesondere in Kabul.

Am 15.07.2021 war es soweit. Zwei Tage vor meinem Geburtstag flog ich fest entschlossen, aber auch mit Achtung und großen Respekt vor den Gefahren nach Kabul.

Am 16.07.2021 war ich bei einer Hochzeitsfeier eingeladen.

Am 17. habe ich einige restlichen Einkäufe vor der großen Spendenaktion erledigt.

Am 18. fuhr ich zur Bibi-Hava Schule. Die Schülerinnen und Schüler, sowie das Lehrpersonal, die Direktorin, aber auch die Schulwarte haben schon sehnsüchtig auf mich gewartet. Während wir die Schultische und Sessel aufstellten, sah man den Anwesenden die Erleichterung und Freude in den Gesichtern an. Beim Verteilen der Schulutensilien strahlten die Kinder.

Alle waren sehr glücklich und baten uns inständig der Schule jedes Jahr zu helfen.

Am 19. habe ich an Familien Lebensmittelvorräte für 2 Monate verteilt. Ursprünglich waren 120 Familien geplant. Da der EURO an Wert gewonnen hatte und wir einen guten Deal mit den Lebensmittelgeschäften aushandelten, konnten 200 Familien versorgt werden.

Es war ein schönes Gefühl die Freude der Menschen zu sehen, die sich zwei Monate lang nicht mehr Sorgen um ein Grundbedürfnis, nämlich Nahrung, machen müssen.

Am 20. war ich in der Moschee, um das religiöse Gebet am Tag des Opferfestes zu beten. Während die Gläubigen im Gebet standen, flogen Raketen dicht über unsere Köpfe lautstark vorbei. Dies irritierte einige und löste Unruhe aus. Da ich aber in ganz jungen Jahren Erfahrung beim Militär sammeln konnte, blieb ich im Gebet ruhig stehen. Es war ein Attentat von Isis auf das Präsidialpalast. Wir waren alle froh, dass niemand verletzt wurde.

Am nächsten Tag musste ich miterleben, wie ein junger Mann mitten am helllichten Tag und bei belebter Straße wegen umgerechnet ca. EUR 3.000,– erschossen wurde. Was mir aber sehr wehgetan hat war, dass die Menschen, statt ihm zu helfen, sein Ring, Schuhe und Handy stahlen, als dieser blutverströmt am Boden lag.

In Bezirk Paghman haben die Taliban eine Frau als Strafe ausgepeitscht. Die Menschen haben nur tatenlos zugesehen.

An einem Abend waren wir in einem Restaurant, als draußen wieder Schüsse fielen. Vor dem Restaurant waren Autodiebe, die von der Polizei nur mit Schüssen gestoppt werden konnten.

Für mich ungewohnt war es, dass in solch einer Lage die Menschen sich fürchten und davonlaufen müssten. Die Afghanen jedoch blieben einfach stehen und zückten ihre Handies um das Geschehen zu filmen.

Leider sind die Herzen vieler Afghanen aufgrund der Jahrelangen Unruhen und Terroranschlägen abgehärtet. Obwohl die Regierung sehr viel Geld aus dem Ausland erhält, leben viele Menschen unter der Armutsgrenze. Viele Kinder und Jugendliche sind auf der Straße, obwohl sie in der Schule sein müssten, und versuchen durch den Verkauf von Luftballonen, Masken, etc. einige Afghanis zu verdienen.

Ich litt jeden Augenblick in Kabul durch den Anblick des Zerfalls einer gesamten Generation.

Trotz der emotionalen Last traf ich mich noch kurz mit dem Bürgermeister von Kabul. Leider hatte ich aufgrund der schlechten Sicherheitslage keine Möglichkeit mich auf das Treffen dezent vorzubereiten.

Letztendlich verließ ich Kabul mit Tränen in den Augen. Ich wünsche mir, dass Frieden und Ruhe in Afghanistan einkehrt und keiner mehr aus diesem eigentlich wunderschönen Land flüchten muss.

Die Bilder sprechen bände.

 

 

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